Friedrich Dürrenmatt war - neben Max Frisch - der grösste Schriftsteller der Schweiz.
1963 erhielt er vom Zermatter Gärtnerverein den Auftrag, ein Plakat zu gestalten.
Das Plakat wurde nie gedruckt. Logo.
Zermatt und FC Sitten 1963: Typhus, Typhus...
Der rothaarige Bärli...
Der rothaarige Briger Hotelier Berchtold Walter war in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts der Schweizer Spitzenfussballer mit den meisten Talenten. Mittelstürmer des FC Sitten bevor er zum damaligen Schweizer Meister La-Chaux-de-Fonds wechselte.
Und nach einem groben Foul eines Grashopper-Spielers verletzt den Spitzensport an den Nagel hängte. Einfach so.
Immer wenn z’Bärli – wie Walter Berchtold bis heute genannt wird – 1963 als Mittelstürmer auflief, riefen die Fans in Sitten: „Typhus, Typhus…“ Das ärgert ihn irgendwie noch heute.
Der Schreibende trank in Zermatt im März 1963 täglich ausgiebig Trinkwasser. Und durfte danach – da in faktischer Quarantäne sitzend – der Schule fern bleiben.
Geschichte und Geschichten sind nicht nur Akten und Papiere, sondern konkret, lebendig und auch etwas unterhaltend.
Reiche Weintrinker blieben gesund...
Die Historikerin M.F. Vouilloz Burnier schrieb im Auftrag des Walliser Gesundheitswesens ein Buch über die Typhus-Epidemie von 1963 in Zermatt. Verbunden mit einem geschichtlichen Rück- und Ausblick. Aber ohne Anekdoten, ohne Oral History.
Jedes Land lernt man durch seine Seuchen kennen. 1895 schilderten die Bezirksärzte die Probleme des noch verarmten Wallis nach Sitten: „ …dass die Zimmer wahrlich ungenügend – wenn überhaupt – belüftet werden. Die Fenster sind klein, sie bleiben im Sommer wie Winter geschlossen, während sich in den Zimmern viele Menschen und zwischen ihnen zahlreiche Hühner und Kaninchen aufhalten. Die Unsauberkeit der Zimmer, der Möbel, des Bettzeugs, der Unterwäsche und der Personen ist abstossend, von Körperhygiene sei gar nicht erst die Rede…. Die Familien, die zu arm sind, um Wein zu kaufen, begnügen sich mit Wasser, dass oftmals mit Fäkalien verunreinigt ist.“
Und weiter hält Dr. Pitteloud fest: „ Ich konnte feststellen, dass wohlhabende Familien, die in sauberen Häusern wohnen und auch Wein trinken können, von der Epidemie verschont blieben.“
Die gute alte Zeit war nicht so gut. Auch wenn die Einrichtungsgegenstände, die wir im Hotel Good Night Inn ausstellen, unsere Nostalgie beflügeln.
1963: Mineure pissten noch ins Trinkwasser.
In der Hochsaison 1963 hielten sich in Zermatt bereits 15‘000 Menschen auf. Sie verbrauchten pro Sekunde 100 Liter Wasser.
Die schlecht gefassten Quellen reichten nicht aus. Deshalb leitet die Gemeinde das Wasser des Triftbaches in ihr schlecht unterhaltenes Wassernetz. Ohne dass man dieses Bachwasser genügend und fachgerecht chloriert hätte.
300 Meter oberhalb der Zermatter Trinkwasser-Fassung arbeiteten und lebten Mineure. Sie bohrten und sprengten die 100 Kilometer langen Zulaufstollen für die Grande-Dixence in den Fels. Ihre Abwässer flossen ungeklärt in die nur 300 Meter tiefer liegende Trinkwasserfassung.
Die beiden Ärzte vor Ort – der alte Dr. Gentinetta und der junge Dr. Julen – realisierten lange nicht, dass viele ihrer Patienten an Typhus erkrankt waren. Und die Behörden übersahen zu lange konkrete Hinweise von besorgten Gästen.
Deshalb erkrankten nachgewiesen mehr als 400 Menschen an Typhus. Drei von ihnen starben. Die Armee richtete in Zermatt ein Notspital ein. Die Hotels mussten ihre Türen schliessen. Die Angestellten verloren ihre Stellen.
Krisen machen erfinderisch...
In der Krise wurden die Menschen erfinderisch. Ein Fond wurde geschaffen. Die Geheilten nach Zermatt eingeladen. Das Gesundheitswesen reformiert. Die Infrastruktur in Zermatt auf Vordermann gebracht.
1970 schloss die Walliser Justiz das Dossier. Sie konnte keine Schuldigen für die 3 Toten und mehr als 400 Erkrankten finden. Polit-Justiz.
Wollen Sie mehr wissen? Schauen Sie sich die Beitrag des Fernsehen aus diesen Tagen an. Es lohnt sich.