Die Gemeinde Zermatt verbietet Fotos mit Bernhardiner.
Stiftung Barry will für Ordnung sorgen
Das Matterhorn ist der Berg der Berge. Der Berhardiner ist der rettende Lawinenhund der Alpen. Beide sind im Wallis zuhause.
Bisher konnte man sich auf dem Gornergrat mit einem Bernhardinerhund fotographieren lassen. Mit dem Matterhorn als Hintergrund.
Immer wieder hatte der Tierschutz die Behörden vergebens darauf aufmerksam gemacht, dass die Haltung der Bernhardiner nicht den gesetzlichen Vorschriften entspräche. Lange vergebens.
Im Frühjahr 2015 kommt endlich Bewegung in die Sache. Die Gemeinde Zermatt untersagt Fotos mit Bernhardinern. Die Fondation Barry will jetzt der reichen Gemeinde Zermatt zu Hilfe eilen.
Wir bleiben dran.
Sieben Monate im Jahr ist das ganzjährig bewohnte Hospiz des Grossen St.Bernhards nur mit Skiern erreichbar.
Hannibal überquerte den Pass der Bernhardiner. Eher nicht.
Napoleon sicher.
Lange glaubten viele: Hannibal habe mit seinen Elefanten beim Kampf gegen Rom den Grossen St.Bernhard überschritten. Die Zweifel nehmen zu.
Sicher ist: 1800 strebte Napoleon - von Martigny kommend - mit seinen Truppen über den Grossen St. Bernahrd Richtung Aosta.
Während sieben Monaten des Jahres liegt der Grosse St. Bernhard im tiefen Schnee. Seit 1000 Jahren leben hier die Chorherren nach den Regeln des heiligen Augustinus.
Das Museum im Hospiz
Der Chorherr Laurant-Joseph Murith sammelte Mineralien und Pflanzen. Und Reste jenes Tempels, den die Römer einst auf dem Pass errichtet hatten.
Im Jahr 1778 eröffnete Murith in der Bibliothek des Hospiz des Grossen St. Bernhard eines der ersten Museen dieser Art in Europa.
Das Museum beherbergt immer wieder temporäre Ausstellungen. Im Sommer 2009 zum Beispiel eine Fotoaustellung von Andrea Alborno mit dem (frei übersetzten) Titel "Ein Herz in Steinwüsten".
Es wurde in den letzten Jahren total umgestaltet. Und dies mehr als ansprechend.
Bevor man das Museum besucht, lohnt es sich, diese Kirche mitten in den Alpen zu besuchen.
Selbst eine Kirchenorgel darf nicht fehlen. Eine perfekte Lautsprecheranlage lässt den Besucher glauben,
ein Mönch greife in die Tasten.
Das wertvollste Stück des Kirchenschatzes: Die
alteste Darstellung des Heiligen Bernhard. Sie
stammt aus den Jahren 1200 bis 1230. Und
ist somit älter als die Eidgenossenschaft.
Ein unbekannten Künstler hinterliess uns 1605 dieses
Bild eines sanfteren Bernhard, des Gründers des
Hospiz.
Die katholische Kirche war, ist und bleibt hierarchisch.
Der Probst war der Fürst des Klosters. An
Selbstbewusstsein fehlte es den Herren - wie dieses
Porträt von Pierre-Joseph Rausis aus dem Jahre 1805
zeigt - nicht.
Ein Hospiz in Hochalpen braucht Einnahmen. Und
Reliquien. Bettelmönche zogen durch Europa.
Und baten die Reichen um Spenden. Mit Erfolg.
Sebst einzelne Dornen der Krone Jesus fanden
den Weg in den ewigen Schnee.
Reliquien ruhen nicht selten in feinen, kleinen Koffern
wie diesem, der erstmals im 17. Jahrhundert
erwähnt wird.
Der Heilige Franz von Sales war Bischof von Annecy.
Sein Auftrag: Das calvinistische Genf von den
Irrlehrern zu befreien. Das gelang ihm glücklicherweise
nicht. Immerhin konnte er mit Flugblättern
das nahe Chablais bekehren. Die Katholiken und
die Calvinisen waren die Schiiten und Sunniten ihres,
unseres Kulturkreises. Nicht nur mit Reliquien als
Waffen.
Bücher waren die Schätze der Auserwählten, die zudem
des Lateinischen mächtig waren. Die Mönche wärmten
sich im Winter mit Mänteln aus Eichhörnchen-Fellen.
Und innovativen, vergoldeten Handwärmen.
Jede Zeit hat ihren Jesus. Unser langhaariger Sohn
Gottes aus dem Jahre 1833 wirkt milde und
entschlossen zugleich. Ein Freund der Sünder.
80 Jahre zuvor war der gleiche Jesus ein Barockfürst, dessen
Gesichtszüge an den Grossen Stockalper errinnern.
Die französische Revolution hat Spuren hinterlassen.
Die Statue Marias stammt aus dem 15. Jahrhundert. Die
Glasmalerein aus dem Jahr 2013. Noch immer sind
die Frauen in der katholischen Kirche nicht im Ansatz
gleichberechtigt. Sie sind die Mütter von Jesu und
seinen Nachfolgern im Herrn. Dürfen aber nicht
Priesterinnen werden. Ein Erbe jener christlichen
Kultur, auf die sich viele berufen. Etwas seltsam.
Alle Bewegungen schreiben ihre eigene Geschichte,
ihre eigenen Geschichten. So auch die Mönche des
Grossen St. Bernhard. Es lohnt sich ihre Bücher
zu kaufen und zu lesen. Weil sie gut gemacht sind.
2014: Papst ernennt zum neuen
Bischof Jean-Marie Lovey, der
aus dieser Kälte kommt.
Der bisherige Propst des Hospizes wurde nach einem langwierigen Auswahlverfahren vom Papst zum neuen Bischof von Sitten ernannt.
Jean-Marie Lovey gilt als relativ offen und umgänglich. Und er hat es auf dem Grossen St.Bernhard nachweislich gut gemacht.
Das Türen des Hospizes wurden seit 1050 nie verschlossen. Angeblich weil der Schlüssel damals verloren ging. Lovey öffnete diese Tür auch einen Spalt breit für Frauen, die - wie unser Bild belegt - neu als Oblatinen dem Herrn dienen dürfen.
1475 vertrieben die Oberwalliser Zenden die Savoyer aus dem Unterwallis. Und machten aus den Unterwallisern ihre Untertanen. Die noblen Familien des oberen Kantonsteils rissen sich gleich auch das Hospiz unter ihren Nagel.
Ironie und Rache der Geschichte: Der bei seiner Wahl 64 Jahre alte neue Bischof Lovey spricht - wie die meisten welschen Walliserinnen und Walliser - nicht deutsch. Er will dies nachholen.
Barry I. rettete 44 Menschen das Leben. Ein Deserteur erstach.
1800 zog Napoleon Bonaparte mit seinen Truppen im kalten Winter über den 2473 Meter hohen Grossen St. Bernhard. Im gleichen Jahr wurde Barry I. geboren. Während den kommenden 14 Jahren rettete dieser legendäre Bernhardinerhund nicht weniger als 44 Menschen das Leben. Zusammen mit seinem Führer, dem Maronnier Jules Genoud. Ausgerechnet ihn konnte er aber 1812 nicht aus einer Lawine retten.
1813 verletzte ein Deserteur mit einem Messer Barry I., weil der Verwirrte den Bernhardiner im Schneesturm für ein Ungeheuer hielt. Ein Jahr später starb Barry I. in Bern. Die noblen Berner stopfen den Lebensretter aus und stellten den so konservierten Barry I. während der nächsten 192 Jahre in ihrem Naturhistorischen Museum aus.
2006 kehrte Barry I. vorübergehend ins Wallis zurück. Dies weil die Bankierfamilie de Wattenwyl in Martinach ein Bernhardiner-Museum bauen liess. Es erzählt die bald tausendjährige Geschichte der Mönche und ihrer Bernhardinerhunde, die auch auf dem Simplon zuhause waren.
In jedem Winter gibt es glücklicherweise Tage an denen es stürmt und schneit. Sonst wären nur die künstlich beschneiten Pisten weiss. An einem solchen Tag lohnt sich ein Besuch von Barry dem Ersten in Martigny.
Die heute vorbildliche Zucht der Bernhardinerhunde ist in das Museum integriert. Wer einen jungen Welpen kaufen will, kann dies gleich vor Ort machen.
Das seit 1950 zugemauerte Beinhaus und seine Mumien
Postkartenidylle der vorletzten Generation. Mumifizierte
Leichen posieren im Beinhaus.
Der lebendige Walliser Katholizismus liebte versteckt das pralle Leben und pflegte offen den Kult des Todes und der Toten.
Viele Menschen, die im Winter den Grossen St. Bernhard überquerten, fanden auf ihrem Weg - trotz der Bernhardinerhunde - den Tod. Die Knechte der Möche legten die meist tiefgefrorenen Leichen in ein etwas abseits des Hospizes gelegenes Beinhaus.
Wenige Leichen holten Verwandte und Bekannte im nächsten Sommer ab, um sie in der Heimaterde zu bestatten. Die anderen Toten mutierten in der kalten und trockenen Bergluft zu Mumien.
Bis in die fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts durften Eingeweihte, mit guten Beziehungen zu den Mönchen, diese Mumien bestaunen. Und für alle andern gab es immerhin Postkarten zu kaufen, die ihnen einen Blick in das Innere dieses gruseligen alpinen Mumienschrankes erlaubten.
In den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts wurde das Beinhaus zugemauert. Und die Postkarten verschwanden bis heute aus den Regalen der sich drehenden Kartenständer.
Wie ist der Zustand der Leichen heute? Warum kann man die Alpen-Mumien nicht mehr besichtigen? Wären Reprints dieser Postkarten heute wieder möglich?
Für alle Freunde des Morbiden: Das habsburgische Brünn war die Hauptstadt von Mähren. In der Kapuzinergruft kann man noch heute luftgetrocknete, mumifizierte Leichen sehen. Eine Touristenattraktion.
Walliser Barry im Naturhistorischen
Museum von Bern. 200 Jahre
nach seinem Tod.
Wir wollen nächstens diese Ausstellung besuchen. Und werden berichten.