Wie lange wollen wir noch ohne den Oberalp-Open-Air-Express Busferien machen?
Tourismus sind Emotionen. Emotionen sind verbunden mit Erlebnissen. Erlebnisse verknüpfen oft Vergangenes mit Neuem. Weil unser Hirn sich und unsere Welt immer wieder neu erfindet und empfindet. Soweit die graue Theorie.
In der Praxis ist alles aufregender. Anfangs Juni 2012 denken wir gemeinsam mit der Matterhorn-Gotthard-Bahn über ein neues Bahnprodukt nach. Über eine Fahrt mit den historischen Open-Air-und dem Belle-Epoque-Bahnwagen über den einmaligen Oberalppass.
Vielleicht erfahren Interessierte bereits an der Fachmesse RDA in Köln mehr über dieses Projekt. Vorerst einige Bilder und Impression von einer ersten Testfahrt.
Der historische Belle-Epoque-Wagen der Matterhorn-Gotthard-Bahn erinnert innen noch etwas an ein Holzchalet in den Alpen mit einem Laminat-Boden. Hier kann und muss man noch etwas Liebe in die Details investieren. Und die Gäste über die Geschichte des hundert Jahre alten Wagens informieren.
Von Andermatt aus wird künftig dieser 100 Jahre alte Belle Epoque Wagen gemeinsam mit dem Open-Air-Wagen der Matterhorn-Gotthard-Bahn nach Disentis und zurück pendeln. Vielleicht.
Und so sieht der sensationelle Open-Air-Wagen der Matterhorn-Gotthard-Bahn aus. In den letzten zehn Jahren hat er sein Depot nur selten verlassen. Steht sein dritter Frühling vor der Tür?
Der offene Open-Air-Wagen bietet 60 Sitzplätze an. Die Fahrt mit ihm durch die Bergwelt zwischen Andermatt und Disentis ist ein einmaliges, da intensives Erlebnis. Offene Strecken wechseln mit kurzen Tunnels.
Blick aus dem offenen Wagen auf Andermatt. Hier entsteht das Ressort des Ägypters Sawiri. Der Boden bekam der Investor vom Bund. Sawiri darf ohne Beschränkung an Ausländer verkaufen. Und trotz der Annahme der Initiative Franz Weber soll er weiter bauen dürfen. Sind einige gleicher vor dem Gesetz?
Andres Zenhäusern (vorne) arbeitet bei der Matterhorn-Gotthard-Bahn. Im Marketing. Theo Kummer (hinten) ist der Leiter des Zugbegleiterteams. Seit 47 Jahren arbeitet er bei dieser Bahn. Im Frühling 2013 geht Theo Kummer in die verdiente Pension. Am 11. Juni 2012 geniesst er, der die Strecke wie seinen Hosensack kennt, die einmalige Fahrt und hofft, dass dieses Produkt ein Erfolg wird.
Auf den kleinen Bahnhöfen zwischen Andermatt und Disentis kreuzen sich die Züge. Blick durch das Fenster des entgegenkommenden Zuges auf ein Plakat mit Roger Federer. Für einen Moment will es scheinen, auch er sei auf unserer Strecke unterwegs.
Der Winter 2011/2012 war hart. Die Strecke über den Oberalp wegen Lawinengefahr mehrmals unterbrochen. Bis in den Juni hinein hat es immer wieder geregnet. Jetzt scheint die Sonne und alles in Grün. Wer genau hinschaut, stellt mit Heino fest: Blau, blau , blau blüht der Enzian.
Der Oberalp liegt über 2'000 Meter über Meer. Hier liegt - unweit der Bahnstation - die Quelle von Vater Rhein. Der Zug nähert sich der Wasserscheide. Die ersten Schneeflächen werden sichtbar. Schnee vom letzten Winter.
Der Open-Air-Wagen lässt die Menschen entlang der Strecke staunen und meist winken. Selbst die Hartgesottenen, die sich mit ihren Stahlrössern die Pässe hinaufkämpfen, lassen sich einen kurzen Moment ablenken.
Die Vorsicht ist die Mutter aller Porzellankisten. Bei der langsamen und zugleich faszinierenden Fahrt über den Oberalp geht leicht vergessen, dass nur das Auge keine Grenzen kennt.
Nach dem Oberalp fährt der Zug Richtung Disentis. Neuer Streckenteil und neue Landschaften. Die Testfahrer haben sich in den Belle Epoque Wagen zurückgezogen.
In den Alpen prägen Tunnels und Viadukte den Verlauf der Bahnstrecke. Der Zug nähert sich dem Disentis. Die Fahrt ist das Ziel der Reise zum Ziel.
Das Kloster Disentis wir 765 nach Christus erstmals urkundlich erwähnt. Es hat Kriege, Reformationen und Brände überlebt. Und beherbert heute eine der zwei besten Internatsschulen der Schweiz. Ein Besuch bei den Benediktinern lohnt sich.