Nach dem Bau des Furkatunnels zwischen Oberwald und Realp wurde die alte Bergstrecke leider stillgelegt. Idealisten haben diese einmalige Alpenbahn zwischen Realp und Gletsch wieder instand gestellt.
Die verrosteten Original-Dampfloks mussten mit dem Schiff aus den Dschungeln Vietnams zurückgeholt werden.
Nun verkehren diese alten Zahnrad-Dampfloks, die eine Weltreise hinter sich haben, während der Sommermonate wieder zwischen Realp und Gletsch.
Jetzt wurde die reizvollste Strecke zwischen Oberwald und Gletsch - samt Kehrtunnel - wieder instand gestellt.
Dies alles war, ist und bleibt nur möglich, weil Tausende von Freiwilligen in der einen oder anderen Form ihren Beitrag geleistet haben.
Wann fährt die Dampfbahn? Wie viel kostet eine Reise in die Vergangenheit? - Informieren geht über räsonnieren.
Extra-Fahrt am Abend des 11. September 2010.
Am Abend dieses 11. September 2010 fährt ein Extra-Zug von Oberwald zurück nach Realp. Er war während des Tages mit jenen Gönnern, die die Wiederinstandstellung der Strecke und des Rollmaterials mit ermöglicht hatten, von Uri ins Wallis unterwegs gewesen. Auf der Strecke des Original-Glacier-Express.
Fahrten mit der Dampfbahn sind Reisen in der Vergangenheit der Technik. Das Eintauchen in die verloren gegangenen Zeiten fasziniert die Menschen. Die guten alten Zeiten - in denen sich nur wenige das Fahren mit der Eisenbahn erlauben konnten - werden verklärt und lebendig zugleich.
Lange war nicht sicher, ob der Verein Furka-Dampfbahn auch das letzte und schönste Teilstück zwischen Oberwald und Gletsch wieder in Betrieb nehmen könnte. Dank eines grosszügigen Sponsors und dank Zehntausenden von unentgeldlich geleisteten Arbeitsstunden gelang das Kunstwerk, das die Meister lobt.
Die Fahrt führt zwischen Oberwald und Gletsch durch einmalige Lärchenwälder. Wer mit der Bahn von Gletsch nach Oberwald fährt, kann von Oberwald nach Gletsch zurückwandern. Auf den Spuren jenes Johann Wolfgang Goethe, der am 12. November 1779 auf seiner Schweizer Reise den Furka-Pass überquerte.
Kurz vor Gletsch fährt der Zug durch den weltweit einzigen mit Zahnrädern ausgerüsteten Kehrtunnel, der von Dampfbahnen befahren wird. Der aus dem Kanton Uri ausgewanderte Kondukteur Dittli erkärt stolz die technischen Daten: 330 Grad Kurve. 840 Meter Länge. 46 Meter Höhendifferenz.
Drei Mal überquert die Furka-Dampf-Bahn die Strasse. Jedes Mal müssen die Autos und Motorradfahrer anhalten. Wie hier dieser schöne Oldtimer. Die Behörden stimmten nur zu, weil die Ingenieure der Furka-Dampfbahn die Zahnradstangen jeweils im Strassenkörper wieder verschwinden lassen.
Die Rhone ist eine der grossen Flüsse Europas. Ihre Quelle ist der Rhonegletscher und der Strom mündet in Marseille ins Mittelmeer. Für die Oberwalliser ist die Rhone der Rotten. Entlang der Strecke der Furka-Bergstrecke wird das Wasser des Rottens noch nicht zur Turbinierung genutzt. Dies soll sich aufgrund der Projekte der Walliser Elektrizitätsgesellschaft nächstens ändern. Vielleicht.
Einst reichte die Zunge des Rhonegletschers bis in die Talebene von Gletsch. Die Klimaerwärmung zwang auch diesen Gletscher zum Rückzug hinter die nächste Felsentreppe. Einst war dieser Blick aus diesem Zug noch atemberaubender.
Das Oberwallis war lange ein Armenhaus. Und die Heimat von Hotelkönigen. Cäsar Ritz liess weltweit die schönsten Hotels bauen. Die Familie Seiler die ersten grossen Hotels in Zermatt. Auch das Hotel in Gletsch samt dem Blauen Haus gehörte den Seiler. Sie installierten 1899 jenes kleine Wasserkraftwerk, das man zuvor an der Weltaustellung in Paris bestaunen konnte. Es ist wieder im Betrieb und kann besichtigt werden.
Vor der Weiterfahrt Richtung Kanton Uri fotographieren und filmen die reisenden Freunde der Dampfbahn die mehr als 100 Jahren alten Lokomotiven. Diese müssen regelmässig und gründlich revidiert werden, denn die Zeit frisst den Stahl. Hoffen wir, dass den Freunden der Dampfbahn nicht der Dampf ausgeht.
Paul Güdel und seine Frau sind in einem Alter, in dem die meisten von uns den Ruhestand geniessen. Nicht so die Güdels. Sie gehören zu jenen Freiwilligen, dank denen diese einmalige Dampfbahn verkehrt. Paul Güdel trifft man seit Jahren an der RDA in Köln - und somit an der weltweit führenden Busmesse - an. Weil sich Bus und Furka-Dampfbahn ausgezeichnet kombinieren lassen.
Heute sind alle mit ihren iPhones und ihren iPads unterwegs. Beruflich und zum Vergnügen. Anders bei der Furka-Dampfbahn. Alle Daten jeder Fahrt werden handschriftlich in einem Rapport festgehalten. Und damit der Rapport immer griffbereit auf Mann ist, steckt er im Hut des Zugführers. Dieser ist unter anderem veranwortlich für die alles entscheidende Kontrolle der Bremsen.
Die Furka-Pass-Strasse führt in Serpentinen hoch zum Pass, der sich auf 2436 Meter über Meer befindet. Links im Bild das Hotel Belvédère. Einst ein Seiler Hotel und heute im Besitz der Familei Carlen. Sie lässt jedes Jahr ein Grotte in den nahen Rhonegletscher schlagen. Wer mit dem Auto, dem Motorrad, dem Velo oder dem Bus unterwegs ist, sollte hier halten.
Bei der Einfahrt in den 1'874 Meter langen Scheiteltunnel der Furka-Dampfbahn müssen alle Türen und Fenster gut geschlossen werden. Damit die Atemwege der Passagiere und die Interieurs der wiederinstandgestellten schönen Waggons nicht verrust werden. Der Schweizer Schriftsteller Dürrenmatt schrieb einst die Kurzgeschichte "Der Tunnel". Man sollte sie mitnehmen auf dieser Reise.
Direkt nach dem Scheitel-Tunnel hält die Dampf-Bahn für 20 Minuten beim Berghaus Furka. Und hier serviert der Furka-Wirt den hungrigen Gästen die beste Bratwurst weit und breit. Gegrillt am offenen Feuer. Diese verkehrsfreie Station kann man auch in einem 20-minütigen Marsch von der Furka-Passhöhe her erreichen.
Vor der Weiterfahrt Richtung Realp muss alles noch einmal geprüft und getestet werden. Denn alte Dampfmaschinen sind wie anspruchsvolle, liebe Menschen. Sie wollen sorgsam gehegt und gepflegt werden. Sonst tun sie ihren Dienst nicht.
Die Furka-Dampfbahn untersteht dem Eisenbahnrecht und somit den strengen Regeln des Schweizerischen Bundesamtes für Verkehr. Sicherheit wird gross geschrieben. Die Wagen haben offene Plattformen. Wer von einem Wagen in den andern wechseln will, darf keine Angst vor dem Umgang mit Gittern und Gattern haben.
Kurz vor dem Erreichen der Endstation in Realp muss noch einmal Wasser getankt werden. Denn ohne Wasser kein Dampf und ohne Dampf keine Dampfkraft. Wer eine alte Strecke wieder instand stellt, muss auch die ganze Infrastruktur erneuern.
Das Hotel Good Night Inn befindet sich in Brig. Brig war und ist eine der zentralen Eisenbahn-Drehscheiben der Alpen. Viele Jugendlichen hatten in diesem katholischen Landstrich lange Zeit nur zwei Berufswünsche: Lokführer oder Papst wollten sie werden. Ohne Papst bewegt sich Richtung Himmel wenig. Ohne Lokführer bewegt sich auf den Schienen gar nichts. Darauf sind sie - wie man sieht - stolz. Und dies zurecht.
Wir haben auf der Fahrt zwischen Oberwald und Realp an diesem Abend nur entspannte und fröhliche Menschen gesehen. Die Reise lohnt sich. Und ein Besuch in der Rhonequelle ebenfalls. Deren Wirt Peter Kalbermatten uns zum Abschied zuprostet....
Und für alle, die lieber bewegte Bilder denn Photos haben, hier das Video von der Eröffnung der Strecke zwischen Gletsch und Oberwald.
***Hotel Good Night Inn Telefon: 0041 (0)27 921 21 00
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E-Mail : gni@brig-wallis.ch Telefon: 0041 (0) 27 921 21 00